Social / Blogosphäre

Wenn Terrorismus zu Social-Media-Terror führt

Freitag, gegen 23 Uhr. Ich liege auf der Couch, schaue seit ein paar Stunden Serien und arbeite meinen Feedreader ab, weil ich schon mehrere Tage hinterher hänge. Ich finde einen witzigen Beitrag auf BuzzFeed The Verge, in dem mit Drake-Gifs die neuen Gesten-Optionen von Android-Wear vorgestellt werden. Ich share diesen Beitrag nichts Böses ahnend bei Twitter, nur um wenige Sekunden später von einer Horde der Empörten mit Fackeln und Mistgabeln angeflaumt zu werden „Timing!?“ und „Geht gar nicht“ werden mir an den Kopf geworfen.

WTF? Was ist da los? Kurzer Check im Netz: In Paris gab es eine Serie schrecklicher Terroranschläge.

Ein kurzer Blick auf Twitter und Facebook offenbarte: da ist wieder der gleiche Mist am Laufen, wie immer bei solchen Vorkommnissen. Ich will das hier mal am Fall der Pariser Terrorattacken aufdröseln, grundsätzlich passiert das aber genau in dieser Form bei jeder Katastrophe.

Stufe 1: Jeder Mist wird geteilt, ohne auch nur für einen Sekundenbruchteil darüber nachzudenken

Nachdem man am Samstag damit fertig war, die völlig überforderten Moderatoren fertig zu machen, haben viele das Heft selbst in die Hand genommen. So schwer kann ja schließlich dieser „Journalismus“ nicht sein. Da wird geteilt und retweetet was das Zeug hält. Yeah! Neue Zahlen zu den Toten! NOCH MEHR TOTE! Schnell retweeten! Das müssen alle wissen! Ha! Schneller als ARD und ZDF! WOAH WOAH! Ist da gerade noch ein anderer Anschlag? Da ist ein Bild von einem brennenden Gebäude! So krass! SHARE!

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Dabei wird auch nicht ansatzweise überlegt, ob die Quelle vertrauenswürdig oder die Information verlässlich ist. Es wird dabei auch nicht nachgedacht, was man da teilt. Das krasseste Beispiel waren diesmal Tweets mit Standorten von anrückenden Polizeikräften. Schnell teilen! Müssen alle sehen! Natürlich wird nicht darüber nachgedacht, dass dies auch den Angreifern in die Hände spielt…

Mein persönliches Highlight waren massenweise Retweets des Accounts UberFootbalI. Dieser twitterte ein Bild von einer Menschenmenge. Dort solle man angeblich einen solidarischen Marsch von Berlinern sehen. Dumm nur, dass dieses Bild nicht nur 6 Monate alt war, sondern auch noch einen Pegida-Aufmarsch zeigte…

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MASSENWEISE Leute echauffierten sich über einen Tweet von @FDPbundestag. Dort war rechte Hetze zu lesen. Und weil der Twitter-Account FDPbundestag heißt, muss das natürlich von der FDP kommen. Ein kurzer Klick auf den nun suspendierten Account machte aber sofort klar: den betreibt eine Privatperson (Name stand sogar im Profil). Außerdem fehlte der blaue Haken, an dem zu erkennen ist, dass es sich um einen offiziellen Twitter-Account und somit auch nicht um ein offizielles Statement der Partei handelt.

Die Sache wird aber noch absurder! Eine SPD-Politikerin postete einen Screenshot von besagtem Tweet, auf dem zu sehen ist, dass der Tweet einige Stunden vor den Attacken in Paris getwittert wurde. Hätte sie den Tweet mal selbst angeklickt, hätte Sie festgestellt, dass der Tweet nach den Attacken getwittert wurde. Wie das mit der Uhrzeit sein kann? Ganz einfach: ist man bei Twitter nicht eingeloggt, werden die Zeiten von Tweets in einer anderen Zeitzone (vermutlich USA) angezeigt und nicht der eigenen, also ein paar Stunden versetzt.

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Das eigentlich verstörende daran: sie wurde recht schnell darauf hingewiesen, was es mit der Uhrzeit in dem Tweet auf sich hat. Hat diesen aber nicht gelöscht, sondern die Leute einfach fleißig weiter retweeten (138 sind es aktuell)  und Verschwörungstheorien verfassen lassen…

Gut gemeint, aber… 

Dann waren da noch die massenweisen Tweets, die auf Hashtag-Aktionen wie #PorteOuverte hinweisen, die Menschen helfen sollen. Die Intention ist zwar ganz nett, aber es würde reichen, wenn man sowas retweetet. Nicht jeder muss dazu einen eigenen Tweet verfassen und damit diese Hashtags regelrecht zumüllen. Nach wenigen Minuten war dieser Hashtag im Grunde genommen nicht mehr zu gebrauchen, weil im Sekundentakt hunderte Tweets reinkamen, dass man unter diesem Hashtag Hilfe bekommt. Die eigentlichen Hilfsangebote waren dazwischen nur schwer zu finden.

Stufe 2: Bühne für Idioten

Natürlich dauerte es auch hier nicht lange, bis rechte Idioten aus Ihren Löchern krochen und mit der Hetze anfingen. Natürlich muss man solche Tweets und Facebook-Beiträge UNBEDINGT sharen und zum Ausdruck bringen, was das doch für Arschlöcher sind…

Das Problem dabei: diese Leute bekommen eine riesengroße Bühne, die sie gar nicht verdient haben. Wäre es also nicht angebrachter, sich nicht über diese Idioten zu empören und sie mit ihrer „Meinung“ einfach im Regen stehen zu lassen?

Stufe 3: Hört doch auf zu beten!

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Mittlerweile kamen keine neuen Informationen mehr. Die Attacken waren vorbei. Das Blut ist aber in Wallung! Was nun? Ah! Da benutzen Menschen den Hashtag „#PrayForParis“! Denen werde ich was erzählen!

Ich selbst bin kein religiöser Mensch. Ich respektiere aber jeden, der gläubig ist. Zumindest solange, bis er anfängt mir seinen Glauben aufzwängen zu wollen. Wenn nun Leute #PrayForParis benutzen, um ihr Mitgefühl auszudrücken, ist es meiner Meinung nach völlig unnötig, diese Menschen dafür anzublaffen und mit Argumenten wie „Nur wegen Religion haben wir diesen Schlamassel hier“ anzugehen.

Merke: Religionen töten keine Menschen. Menschen töten Menschen.

Generell finde ich, sollte man Leute, die auf ihre Art und Weise trauern, nicht dafür anblaffen, dass sie trauern. Klugscheißerei ist in solchen Momenten absolut nicht angebracht. Eigentlich sollten uns solche grausamen Ereignisse auch eher näher zusammenbringen, als uns noch weiter auseinander zu treiben…

Stufe 4: Äh hallo? Wo bleibt die Aufmerksamkeit für Libanon (und andere schlimme Dinge)?

Und wie immer: Ey in Afrika sterben täglich tausende Kinder. Da trauert ihr nicht! Und was war denn mit den Anschlägen im Libanon (und anderswo?) Warum trauert und betet ihr denn da nicht? Zählen französische Menschenleben mehr als die von Libanesen oder Syrern?

Auch wenn die Fragen grundsätzlich berechtigt sind, ist es spannend zu sehen, dass man in den Timelines der Empörten oft auch keine Tweets zu diesen Themen findet.

Übrigens gibt es auch eine Erklärung dafür, warum eine Attacke in Paris mehr Aufmerksamkeit als eine im Libanon bekommt. Das ist nicht schön, daran müsste man vielleicht mal arbeiten. Empörungs-Tweets werden daran aber ganz sicher nichts ändern.

Stufe 5: Profilbildwechsel und Kerzen helfen den Menschen auch nicht!

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Stufe 4 und 5 passieren meist fast zeitgleich. Es ist an der Zeit seinen Avatar zu wechseln! Flagge zeigen! Mitgefühl ausdrücken. Aber das passt einigen genauso wenig wie Gebete. Ich habe auf Facebook sogar gesehen, wie jemand angeblafft wurde, weil er ein Bild von einer Kerze gepostet hat mit dem Hashtag #NousSommesUnis. Ähnlich wie Stufe 4, wird auch hier Heuchelei vorgeworfen. Warum kein Profilbildwechsel für Attacken im Libanon oder Syrien? Hm? HM?? 

Auch hier mag der Kern der Aussage richtig sein: es hilft in der Tat niemandem, wenn man sein Profilbild wechselt. Aber immerhin drückt man Solidarität aus. Ich finde nicht, dass man Leute anmaulen muss, weil sie Solidarität für etwas ausdrücken. UND natürlich: wie hast du den Menschen damit geholfen, dass du jemandem vorwirfst, dass er mit seiner Aktion nicht hilft? Ganz genau, überhaupt nicht. Also einfach weiterscrollen und ignorieren.

Fakten checken!

Nach rund 2 Stunden all dieser Dinge oben, hatte ich genug von Twitter und Facebook. Ich habe einfach alles ausgemacht. Ich habe den kompletten Samstag (außer einem automatischen Share zu Twitter und Facebook von Instagram) einfach mal nichts von mir gegeben, auch am Sonntag blieb Social Media bis auf wenige Ausnahmen zu. Zum einen, weil ich es nicht mehr ertragen konnte, wie Menschen da miteinander umgehen und zum anderen, weil ich zum Thema nichts beizutragen hatte. Das ist das erste Mal seit Anbeginn von Social-Media, dass ich eine solche Pause eingelegt habe. Und nein, das war nicht erholsam…

Mir ist immer ganz wichtig, dass jeder Social Networks so benutzt, wie er es für richtig hält. Es gibt kein richtig oder falsch. Ich will daher auch niemandem vorschreiben, was er wann zu twittern hat und was nicht. Aber ich würde mich freuen, wenn ihr einen oder ein paar der folgenden Tipps zukünftig mal bedenkt, bevor ihr euch der Empörungs- und Fehlinformations-Maschinerie hingebt.

  • Journalisten und Medien nieder machen, weil diese nicht schnell genug mit Informationen rüberkommen bringt nichts. Gerade von diesen Menschen und Institutionen erwarte ich, dass ich handfeste und bestätigte Informationen bekomme. Mag ja sein, dass auf Twitter schon irgendwas seit ein paar Minuten steht, aber ohne gesicherte Quelle und Bestätigung ist diese Information im Grunde genommen wertlos.
  • Die Leute, die ihr da im Fernsehen seht, sind nicht immer automatisch Journalisten. Manche sind auch „einfach nur“ Moderatoren, die dann auf Informationen von anderen angewiesen sind. Bitte auch das berücksichtigen.
  • Müssen im Sekundentakt Informationen kommen? Ist es wirklich wichtig, dass die Zahl der Toten ständig und sofort aktualisiert wird? Ist es in diesem Moment wirklich wichtig, ob es nun 120 oder 140 Opfer gibt?

Wenn ihr der Meinung seid, dass es wichtig ist, dass eure Follower von Dingen von euch und nicht von anderen erfahren, dann sorgt wenigstens dafür, dass eure Infos handfest sind.

  • Schaut mal nach, von wem die Info da kommt. Ist er am Ort des Geschehens? Warum hat er diese Infos?
  • Bilder einfach mal durch die Google Bildersuche oder Tinyeye jagen um zu prüfen, ob diese nicht eventuell einfach ergoogelt und für ein paar Likes / Shares missbraucht wurden.
  • Klickt einen Tweet oder Beitrag an und checkt die Mentions / Antworten. Vielleicht haben sich ja schon andere die Mühe gemacht und diesen Beitrag für Bullshit erklärt (siehe oben mein Beispiel mit der Politikerin)
  • Teilt die gleiche Information nicht drölfzig Millionen mal, nur weil sie von verschiedenen News-Quellen kommt. Einmal reicht. Wirklich.

Weiterscrollen und Ignorieren

Und anstatt nun Leute anzugreifen, die irgendwas tun, was euch nicht in den Kram passt: einfach weiterscrollen und ignorieren. Es hilft einfach niemandem weiter, wenn wir uns in solchen furchtbaren Momenten gegenseitig an die Kehle springen.

Ich muss ehrlich zugeben, dass mir dieser Teil auch sehr sehr oft sehr schwer fällt, aber glaubt mir, wenn ihr weiterscrollt und euch nicht aufregt, ist euer Tag viel besser.

Und jetzt bin ich auf eure Meinungen gespannt 🙂

tl;dr: Erst nachdenken, dann twittern / posten / sharen und mehr Nächstenliebe bitte.

89 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Maik sagt:

    Danke. Schön zu sehen, dass wir da in vielen ähnlich denken. Und ich hatte Freitag einen ganz ähnlichen Effekt, als wir beide noch über das Twittern eines Urlaubsvideos gesprochen haben – und ich mich danach etwas schlecht fühlen musste deswegen. Postet man überhaupt noch „anderes“? Oder erst recht? Fragen, die man sich stellen darf, aber die teilweise ins Absurde verdreht werden…

  2. Fabian sagt:

    Stufe 6: Leute die sich über Stufe 1-5 Aufregen (Du)
    Stufe 7: Leute die sich über Stufe 6 Aufregen (Ich)
    Stufe …: wir sind beim nächsten Anschlag 🙁

  3. Chris sagt:

    Ich wurde Freitag Abend wegen der Anschläge geweckt.

    Mein Versuch, sinnvolle und wahrheitsgemäße Informationen zu bekommen, ist aber gescheitert. Ich hatte ebenfalls nur Gemecker in der Timeline. Gemecker über inkompetente TV Sender, Gemecker über intolerante Nutzer, Gemecker über Meckerer. Leute, die pro Minuten zig Tweets retweeteten, Hauptsache es stand „Paris“ drin. Twitter schied damit komplett aus.

    Facebook war leider ähnlich, nur langsamer. Google News? Kurz nach einer Katastrophe embedden die News Seiten auch nur Tweets ein …

    TV eingeschaltet. Mit der Situation und der eigenen Angst überforderte Moderatoren gesehen, die minütlich wiederholten, dass sie nicht neues wüssten. Ewiges hin- und hergeschalte zwischen den Kollegen und Studios.

    Ich hab das Handy ausgeschaltet, den TV ebenso und bin bedrückt wieder ins Bett. Der Samstag Morgen war nicht schön. Die Schlagzeilen düster, aber weniger Hektik, mehr Informationen, alles war geordneter.

    Mir gefällt nicht jedes Gemecker, aber ich kann es nachvollziehen. Ist die Trauer über die Opfer in Paris falsch? Nein, natürlich nicht. Ist es schlimm, wenn man nicht tagtäglich über Tote in anderen Ländern trauert? Nein, ist es nicht. Aber es ist bedauerlich. Wie du es schon verlinkt hast, wenn man es über die Medien nicht vorgesetzt bekommt, fällt vieles hinter runter. Man muss das ändern. Das erreicht man aber nicht, indem man diese Menschen anschreit. Informieren hilft auch hier.

    Danke für den Blogpost.

  4. Generell alles richtig, was Du schreibst.
    Was mich an diesen Profilbildern und Kerzen stört, ist die Tatsache, dass meine „Freunde“ meinen, mir aufdrängen zu müssen, da mitzuziehen. Sicherlich mag das mein persönliches Problem sein, weil sind ja meine persönlichen „Freunde“, aber da mag ich denen dann doch mal meine Meinung sagen.

  5. Anna-Sofie sagt:

    Ach Gilly, was soll ich sagen? Ich danke dir vom Herzen für diesen Blogpost. Es verlangt viel Mut von dir, dies auszusprechen. Danke.
    Punkt 3 hat mich besonders berührt (Details bei Bier und Burger :-))
    Mach weiter so! Bleib so mutig und analysierend.

  6. Mario sagt:

    Danke! Ich bin froh, dass du dich tatsächlich entschieden hast das zu veröffentlichen.

    Da ich am Freitagabend schon lange vor den Anschlägen mich für Kindle und Bett entschieden habe, konnte ich alle Geschehnisse am Samstagmorgen aufarbeiten.
    Ich habe Stundenlang Twitter, Facebook und das restliche Internet durchforstet um mir einen überblick zu schaffen. Schlussendlich habe ich mich an die großen Zeitungen gehalten und einfach gewartet bis dort fundiertes erschien.

    Traurig machte mich das verhalten einiger in den sozialen Medien, die sich über andere gestellt haben und ihre Art mit diesem Anschlag umzugehen auf diejenigen übertragen wollten (das was du z.B. mit „Timig“ etc. erlebt hast).
    Ich finde man muss respektieren, dass jeder eine andere Art hat damit umzugehen und vielleicht gibt es sogar ein paar, die gerne „normal“ weiter machen möchte. Andere Lehrerhaft zu tadeln mit „einfach mal nichts zu sagen“ ist auch nicht besonders schön. Eventuell wäre es besser (bei demjenigen) zu hinterfragen wieso jetzt was fern ab vom Thema, vielleicht sogar was lustiges, gepostet wurde.

    Daher möchte ich dein „für mehr Nächstenliebe“ noch um „mehr Respekt und Nachsicht“ ergänzen

  7. Sumi sagt:

    Ich so lang war er doch gar nicht. 😀
    Aber sehr richtig. Ich persönlich halte auch nichts von der französischen Flagge auf den Profilbildern, wurde aber nie jemanden dumm anmachen weil er das nutzt. Dieses „Profilbild geändert, Terror bekämpft“ Meine Bilder finde ich viel schlimmer das nervt so sehr und hilft nun wirklich gar niemandem. Ich hab heut morgen auch schon getwittert, dass Facebook seit Freitag Abend wieder Mal extrem anstrengend ist und du beschreibst hier ziemlich genau was ich damit meine. Auf Twitter bleibt mir das zum Glück etwas erspart.

  8. Jan sagt:

    Vielen Dank für den Beitrag, auch wenn ich davon ausgehe, dass sich nichts verändern wird. Menschen ticken nun einmal so und deine Konsequenz, es einfach mal zwei Tage sein zu lassen, ist aus meiner Sicht die einzige Lösung. Ich habe keine Macht über andere, ich kann nur etwas an meinem eigenen Verhalten ändern. Abr das sagst du ja im Prinzip selbst: Einfach mal weiterscrollen. Würde vielen gut tun.

    Letztlich ist die offene Sensationsgier auf Twitter in genau solchen Momenten für mich persönlich ein Grund gewesen, es sogar mal für einige Jahre ganz sein zu lassen. Nach dem Selbstmord von Robert Enke 2009 habe ich damals getwittert: „Halten wir fest: Für den angemessenen Umgang mit dem Tod ist Twitter nicht geeignet. Man kann nicht in 140 Zeichen schweigen.“ Es war einfach widerlich.

    Ich habe diesmal gar nicht erst bei Twitter reingeschaut, sondern stattdessen auf Zeit.de eine ganz gute Zusammenfassung des aktuellen Erkenntnisstandes gefunden, den gelesen und es dann erst einmal sein gelassen. Bei Facebook habe ich recht konsequent die Leute rausgekegelt, mit deren Weltsicht ich nicht in Verbindung gebracht werden will. Zum Glück gibt es unter meinen Kontakten dort aber auch viele andere. Hat meiner Facebook-Startseite gut getan.

    In einigen Wochen werden wir sicher sehr viel besser wissen, was eigentlich geschehen ist. Und dann war auch ein wenig Zeit mal nachzudenken. Dann kommen die Artikel, die ich zu diesem Thema tatsächlich lesen will.

  9. Verena sagt:

    Stimme dir sehr zu in allen Punkten.
    Ich hatte das (ja man kann es so nennen) Glück am Freitag ca. 150 km von zuhause auf einem Konzert von Freunden gewesen zu sein. Erst gegen Ende meinte jemand „In Paris gab es mehrere Anschläge, gerade bei heute.de gesehen“ Kurz auch da geschaut und bewusst nicht twitter/fb geöffnet und später dann Radio. Konzert ging aber erstmal weiter, das hat mich vor der nicht recherchierten Flut bewahrt…
    Übrigens finde ich es gut, dass du den Beitrag noch veröffentlicht hast.

  10. Thomas sagt:

    Respekt – ich hätte es gar nicht besser schreiben können. Auch wenn mir die Selbstdisziplin fehlte am Freitag Abend – ich habe mir Twitter live angetan.

    Jetzt habe ich aber immer noch Nackenschmerzen vom vielen Kopfschütteln. Naja, selber schuld. 😉

    Danke für den tollen Beitrag, den ich jetzt hemmungslos 1x geteilt habe!

    LG Thomas

  11. Gerd sagt:

    Bin zwar nicht auf Twitter vertreten, habe aber die Schlammschlacht auf Facebook miterlebt. Dein Beitrag spricht mir aus der Seele; danke dafür. Was das Ding mit der Kerze anbelangt, betraf es einen guten Freund von mir, der mich zu der heutigen Schweigeminute eingeladen hatte. Falls jetzt jemand fragen sollte, warum ich nicht in die Diskussion eingegriffen habe – ich war in dem Moment dermaßen aufgeladen, daß ich es vorgezogen habe, nichts zu sagen, als daß ich mich auf das Niveau der Beleidiger herablasse. Was den Avatar-Wechsel betrifft – das er den Betroffenen nicht hilft, kann ich nicht teilen. Wenn ich den Menschen meine Anteilnahme und Solidarität zeige, ist das auch schon eine Hilfe, und wenn damit nur Trost spendet.
    Auf alle Fälle hat mir Dein Beitrag sehr gut gefallen.

    Gruß Gerd

  12. maik sagt:

    Jep, meine Zustimmung. Diskussionen unter Bekannten, bei Freunden oder in der Familie sind völlig ok. Das hilft, bringt einem auch etwas Trost.

    Nur in sozialen Netzwerken ist es manchmal besser, einfach mal zu schweigen. Dieses sich gegenseitig übertrumpfen wollen, anderen die eigene Meinung aufzudrängen, einer der ersten sein zu müssen, der irgendeine Nachricht weiter verbreitet, nein, dass ist nicht mehr meins.

    Ebenso die Diskussionen um die eingefärbten Profilbilder auf Facebook – wer es macht, bitte. Das ist auch eine Art Anteilnahme oder Solidarität zu zeigen. Wie kann man Menschen dafür kritisieren?

  13. Ein Beitrag, der meine vollste Zustimmung findet.
    Auch ich habe mich am Wochenende aus den sozialen Netzwerken ausgeklinkt, weil ich diese ständigen Hasskommentare und Profilbild-Wechseleien, Spekulationen und weiß der Geier, was noch so alles über meinem Stream lief, einfach nicht mehr ertragen konnte.
    Ich danke Dir sehr für diesen Beitrag, besser hätte ich es auch nicht formulieren können.

  14. Johannes T. sagt:

    Hallo,

    zoller Artikel, gehe in den meisten Punkten mit. Mir fehlt nur Deine Einsicht, dass Du tatsächlich ein blödes Timing hattest. Beim Thema Social Media ist Timing nun mal nicht irrelevant, aber das weißt du ja selbst.

    Wo ich nur teilweise mitgehe:
    1. #PorteOuverte ist ein Huhn-Ei-Problem, ich habe Freitag aber auch darauf hingewiesen, dass der Hashtag nicht hilft, wenn jeder ohne offene Tür darüber schreibt.
    2. Der Tweet des Parteimitglieds der FDP. Es war nicht DIE FDP selbst, aber eine Person, die zur Partei gehört. Du schreibst als wäre es ein Fake-Account.

    Und bei den Punkten 2, 3 und 5 bin ich zu 100% Deiner Meinung, damit mein Kommentar ein versöhnliches Ende nimmt.

    LG
    Jo

    1. Hey Johannes,

      danke für deinen Kommentar und Sorry für die späte Antwort.

      Zu 2.: Fake-Account habe ich nicht geschrieben. Ich weiß nur, dass der Account von einer Privatperson geführt wurde und das steht auch oben so. Ob derjenige FDP-Mitglied ist/war, weiß ich nicht. Worum es mir halt ging: Das war keine offizielle Aussage der Partei.

  15. Peter Schneider sagt:

    Stufe 3 Lass die Leute doch beten….

    Stufe 4 Wenn mein Nachbar und Bekannter stirbt betrifft es mich mehr wenn ein Mensch in Berlin stirbt.

    Stufe 5 Wieso legt man am Friedhof Blumen und Kerzen hin? Bringt ja eh nichts???

  16. Martina sagt:

    Gut auf den Punkt gebracht mit dieser Zusammenfassung. Ich habe mein Profilbild auch geändert. Es war mir einfach ein Bedürfnis, ich wollte ein Zeichen setzten. Den Franzosen ebenso wie der IS …. auch wenn es nichts nützt, auch wenn viele es lächerlich finden. mir hat es gut getan und es ist ja meine FB Seite .

  17. Yves sagt:

    Toller Artikel, der die Social-Media-Welt sehr gut zusammenfasst.
    Aber der erste Punkt wird nicht nur jetzt deutlich, sondern ist schon fast trauriger Alltag in den sozialen Netzwerken. Besonders beliebt bei den „besorgten Bürgern“, die alles sofort teilen, was in ihre Sicht hineinpasst…

  18. Henrik sagt:

    Können wir den Beitrag jetzt immer leicht umgeändert posten wenn die Massen an Leute wieder hohl dreht? Und dann auch posten bis denen die Hysterie im Halse stecken bleibt? Wir müssen echt alle mal an unserer Medienkompetenz arbeiten. Sonst ist hier nichts mehr Social.
    LG Henrik

  19. […] Gilly schreibt auf, wie während und nach [Ereignis] immer dieselben Medien-Reflexe und Reaktionen greifen. Kleine Anmerkung von mir: Auch die Aufregung über die Aufregung (über die Aufregung über die Aufregung ad infinitum) gehört zum neuen Spiel. Genau deshalb rede ich gerne von Loops im Zusammenhang mit Social Media. Wenn Terrorismus zu Social-Media-Terror führt: […]

  20. Oliver sagt:

    «Ich muss ehrlich zugeben, dass mir dieser Teil auch sehr sehr oft sehr schwer fällt, aber glaubt mir, wenn ihr weiterscrollt und euch nicht aufregt, ist euer Tag viel besser.»

    Das musste ich auch erst lernen… Aber: Es hilft! 😉

  21. […] als Transport- und Mitteilungswerkzeug beleuchtet Gilly auf seinem Playground unter dem Titel: Wenn Terrorismus zu Social-Media-Terror führt. Dass manch einer vor dem Teilen oder Äußern zunächst den Kopf einschalten sollte, da sind wir […]

  22. Timon sagt:

    In vielen Punkten stimme ich dir absolut zu. Vor allem, wie die Nazifressen umgehend mit Retweets etc. begonnen haben … von mir wurde auch ein Tweet verbreitet, der ganz und gar nicht in ihrem Kontext stand. -.-

    Die Sache mit den Profilbildern und hunderten Posts von dem „Paris Peace“-Bild gehen mir zwar ziemlich auf den Keks, aber hey, soll jeder tun was er will. Mein Scrollrad ist schneller. 😉

  23. Sebastian sagt:

    Toll geschrieben und ich gehe mit den meisten Punkten mit. Dennoch wundere ich mich, welche „Freunde“ du hast oder waren es nur fremde öffentliche Profile die du besucht hast, wo dieses „Chaos“ herrschte?

    1. Ich rede hier ja gemixt über Twitter und Facebook. Auf Twitter war es durchaus chaotischer und krasser als auf Facebook. Aber wenn man 1000 „Freunde“ hat, ist da eben bei solchen Dingen hartes Chaos auch auf Facebook angesagt 😉

  24. Ruth sagt:

    Als Wenig-Social-Media-Nutzerin hat mich der Beitrag eben dazu gebracht in meinen Internetfavoriten im Ordner „Blogs“ einen weiteren Unterordner „favorites“ anzulegen, in dem dieses Blog als erstes aufgenommen wurde :-).
    Danke für das Klasse-Statement!

  25. Beate Fuehrer sagt:

    Ich denke, dass dies ein sehr passender Artikel ist – bzw. auch einem
    konstruktivem Statement und einer Anregung gleich kommt,
    weil die Menschen gute Informationen – wie Vorbilder in dieser Zeit
    dringend brauchen.
    Die Wahrheit und die Freiheit, so wie der Frieden sind nur möglich,
    wenn wir Selbst-Bewusst und mit Verantwortung umgehen lernen ( können
    und wollen). Medienkompetenz hat etwas mit Denken bzw. Nachdenken
    und Umdenken und der Refexionsfähigkeit (Selbst-Reflexion) zu tun und
    natürlich mit verstehen wollen (Herz und Verstand);
    Wissen gepaart mit der Fähigkeit zu Lernen – so dient das der Aufklärung
    und Ihr Artikel dem Ganzen.
    Medienkompetenz – ein sehr aktuelles Thema; brannt-heiß könnte man auch sagen und akut bzw. vollkommen unterschätzt, wie die Wahrheit …
    und der Anlass hier bezeugt. Nicht nur unsere Werte sind in Gefahr, sondern
    auch unsere Freiheit (Meinungsfreiheit); in einem Gesellschafts-System,
    dass sich rapide verändert, unterwandert wird und durch seine
    Machtstrukturen bestimmt wird.

    Dankeschön & weitermachen. 🙂
    Das Lebens ist doch spannend – wir lernen ja nie aus!
    … wir sollten unsere hohen Werte und Ziele,
    immer selbst versuchen zu beherzigen <3

    Wir können Frieden nicht einfach machen, wir müssen erst bereit sein.

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